Sehr geehrte AZ- Redaktion,
ich möchte auf die Premierenkritik (hier gehts zum Artikel vom 18.11.2023, leider nur mit Paywal) der Inszenierung von „Die Goldfische“ im Das Da Theater Bezug nehmen, die als strahlende Reise zur Inklusion gefeiert wird. Ich sehe diese Inszenierung nicht als leuchtendes Beispiel für Inklusion. Die ausschließliche Besetzung nicht-behinderter Schauspieler*innen in Charakteren mit Behinderung, bekannt als „Cripping up“, reproduziert diskriminierende Klischees und verstärkt die Ausgrenzung, was am Das Da Theater als inklusiv gefeiert wird.
Das, dass Das Da Theater dieses Stück ohne Beteiligung von Theatermacher*innen mit Behinderung inszeniert hat. Diese Entscheidung steht im Widerspruch zur UN-Behindertenrechtskonvention. Kunstfreiheit darxf nicht über die grundlegenden Rechte behinderter Menschen auf kulturelle Teilhabe gestellt werden.
Für mich ist es wichtig zu betonen, dass die Verbreitung stereotyper Darstellungen in der Inszenierung Auswirkungen auf die Wahrnehmung und Behandlung von Menschen die mit einer Behinderung leben hat.
Die Praxis des „Cripping up“ und die fehlende Beteiligung von Menschen mit Behinderung in der künstlerischen Darstellung führen zu Ausgrenzung. Es ist entscheidend, dass Menschen mit Behinderung die Möglichkeit haben, ihre Identität selbst zu gestalten und in der Kunst angemessen repräsentiert zu werden.
Die Forderung nach Teilhabe und Repräsentation für Menschen mit Behinderung ist kein Wunsch, sondern ein grundlegendes Recht, das unbedingt respektiert und gefördert werden sollte.
Mit freundlichen Grüßen,
Anna Scholten
Cripping up
„Was ist „Cripping up“kommt aus dem Englischen und bezeichnet die Tatsache, dass nicht-behinderte Schauspieler*innen Menschen mit Behinderung spielen beziehungsweise sich entsprechend verkleiden und damit meist besonders viel Applaus, Anerkennung, Preise einheimsen, weil es offenbar als gänzlich extremer, exzentrischer Rollenwechsel angesehen wird.
Hinter Cripping up stehen drei fundamentale Zumutungen: 1. Die Deutungshoheit darüber, wie Menschen mit Behinderung präsentiert werden, liegt bei nicht-behinderten Künstler*innen. 2. Das ist deshalb so bedeutsam, weil die Geschichte der westlichen Gesellschaft, Menschen mit Behinderung aus- und wegzuschließen, sie zugleich aber zu Ausstellungsobjekten zu machen, lang und bitter ist. 3. Cripping up verweist wie Blackfacing auf eine Leerstelle: In den Stadttheatern wie in der freien Szene wird immer noch viel zu wenig mit Theatermacher*innen mit Behinderung zusammengearbeitet.
Text zu Cripping up von Georg Kasch – nachtkritik.de-Redakteur
Lea meint
Heute wurde ein weiterer Artikel in der Aachener Zeitung veröffentlich.
Darin geht es um den Offene Brief von Sophia Neises. In diesem kritisiert sich die Diskriminierung und die Praxis den Cripping Up im Das Da Theater.
Theaterleiter und Regisseur Tom Hirtz nimmt zu den Vorwürfen Stellung und versucht die Besetzung des Stückes „Die Goldfische“ zu rechtfertigen
Den Artikel findet ihr bei der Aachener Zeitung (Leider wieder mit Paywall)
Ich bleibe trotz und wegen seiner Argumente dabei: Cripping up diskriminiert Menschen mit Behinderung. Und wenn ein Theater keine passende Besetzung für ein Theaterstück findet, dann kann es nicht auf den Spielplan.
Für den Januar kündigt Tom Hirtz eine Sondervorstellung mit anschließender Diskussionsrunde an.
Wir hoffen auf eine Einladung!