Ihr kennt das doch bestimmt auch, euch wird eine möglich Förderung für euer Kinder vorgestellt, z.B. Logopädie, Heilpädagogik, Ergotherapie, Psychotherapie und so weiter. Aber was steckt eigentlich hinter diesen Disziplinen, welchen Zweck erfüllen sie? Wir freuen uns sehr, dass unser erster Gastbeitrag zum Thema Heilpädagogik von einer Fachfrau, Stefanie Zell, geschrieben wurde. Dieser Artikel wurde anlässlich des Internationalen Tag der Heilpädagogik, am 13. April, verfasst.
Vielleicht ist er der Auftakt einer neuen Serie – wer weiß…
Jetzt aber erst mal: Heilpädagogik- was ist das? von Stefanie Zell
Heilpädagogik- was ist das? Heilpädagog*innen, wer sind wir, was machen wir?
Hier wird das Berufsbild unserer Profession kurz dargestellt.*
„Profession Heilpädagogik“
Heilpädagogen/innen sind Profis und Partner in der Beratung, Förderung, Bildung und Begleitung von Menschen mit Beeinträchtigungen sowie ihres sozialen Umfeldes. Heilpädagogen/innen tragen u.a. dazu bei, Strukturen und Bedingungen zur Umsetzung von Inklusion in Regel- und Fördereinrichtungen zu schaffen. Sie sind zudem Garanten für einen hohen Qualitätsanspruch im gesamten heilpädagogischen Leistungsspektrum. Arbeitgeber profitieren mehrfach von diesen besonderen Kompetenzen.
Die wichtigsten Handlungsfelder heilpädagogischer Arbeit finden sich eigentlich überall:
Kindertageseinrichtungen • Frühförderstellen | Ambulanzen • Stationäre und Teilstationäre Jugendhilfeeinrichtungen | Heime • Erziehungsberatungsstellen • Familienentlastende Dienste • Sozialpädiatrische Zentren • Kinder- und Jugendpsychiatrische Kliniken und Praxen • Förderschulen | Regelschulen • Werkstätten für Menschen mit Behinderung • Wohnheime der Behindertenhilfe • Familienzentren • Berufsbildungswerke • Fachschulen und Hochschulen • Selbstständig tätige Heilpädagogen/innen • Zertifizierte Heilpädagogische Praxen
Grundlagen heilpädagogischer Arbeit – Beispiele heilpädagogischer Arbeitsweisen
Heilpädagogisches Handeln ist professionelles pädagogisches Handeln auf der Basis ethischer Grundhaltungen, getragen von Empathie und Wertschätzung für den Menschen. Heilpädagogen/innen begleiten/fördern ihre Klienten in deren individuellen Lebensbezügen und Sinnvorstellungen. Wesentliche Voraussetzung ist dabei die Heilpädagogische Diagnostik als Erkenntnisweg zum Menschen. Sie begleitet als Eingangs- und Verlaufsdiagnostik den heilpädagogischen Handlungsprozess. Heilpädagogische Hilfen können nur durch Heilpädagoginnen und Heilpädagogen erbracht werden. Sie können in vielen verschiedenen Alltagsbereichen stattfinden:
Spielförderung | Heilpädagogische Spieltherapie | Heilpädagogische Entwicklungsbegleitung | Übungsbehandlung (HPÜ) | tiergestützte Förderung • Verhaltensmodifikation • Psychomotorik • Werken | Musisches Gestalten • Wahrnehmungs- u. sensorisch-integrative Förderung • Eltern- und Familienarbeit | Netzwerkarbeit • Konzeptionsentwicklung | Evaluation | Supervision | Beratung (Einzelfall-, System- oder Organisationsberatung) • Qualitätsentwicklung, -Sicherung und -Kontrolle • Dokumentation und Präsentation.“
Stefanie Zell über ihre Arbeit als Heilpädagogin
„In meiner Arbeit ist es mir wichtig, dass sich die mir anvertrauten Menschen ernst genommen fühlen und nach Ihren Möglichkeiten gefördert und gefordert werden. Heilpädagogik bedeutet für mich, verschiedenste Handlungsmöglichkeiten auszuschöpfen und Menschen dabei zu begleiten, sich selbst als wertvoll, machtvoll und handelnd zu erleben. Teilhabe und Selbstwirksamkeit stehen hier für mich im Vordergrund und vor allem soll niemals ein Mensch aus einer Fördereinheit gehen, ohne einmal gelacht zu haben!
Im Arbeitsfeld Frühförderung sind wichtige Aspekte der Fördersequenzen:
- Wahrnehmen und beobachten der ganzheitlichen Entwicklung des Kindes und deren Dokumentation
- Der Aufbau einer vertrauensvollen, tragfähigen „Arbeits-Beziehung“; „Bildung durch Bindung“
- Förderung („fördern“ vom Begriff „furdieren“ = „weiter nach vorn bringen“ des Kindes in Bezug auf die Entwicklung zur Teilhabe am Alltag in seinem individuellen Umfeld durch verschiedene Methoden
- Die Beratung (über Hilfsmittel, finanzielle Hilfen, personale Hilfen, weitere Institutionen, etc.), ggf. Anleitung der Eltern im Erziehungsprozess und Stärkung ihrer Kompetenzen
- Krisenmanagement und Unterstützung bei Verarbeitungsprozessen in Bezug auf eine nicht altersgerechte Entwicklung des Kindes
- Interdisziplinäre Gespräche über Bilanz, Verlauf, möglichen Abschluss der Fördermaßnahme
- Kooperation und Netzwerk mit unterschiedlichen Institutionen (Kitas, Jugendämter, Schulen, etc.)
Die Herausforderungen ergeben sich mit jedem anvertrauten Kind und seinen Bezugspersonen neu. Teilhabeziele können sich innerhalb des Entwicklungsprozesses verändern. Wie kann ein Umfeld für Menschen gestaltet werden, in dem „Barriere-Freiheit“ (im baulichen, räumlichen und emotionalen Sinn) gar nicht erst zum Thema wird? Wie können professionelle Beziehungen bildend, konstruktiv, wertschätzend und ganzheitlich gestaltet werden, um dem Kind und seiner Familie ihr individuelles Sosein zu ermöglichen und Entwicklung und Lernen miteinander gelingen zu lassen?
Aus (Beziehungs-)Sicherheit heraus und der Wertschätzung die ihm entgegen gebracht wird, kann sich der Mensch in seinem Sein entfalten. Er lernt die Rahmenbedingungen zu nutzen, sich aber auch darüber hinaus auszubreiten und sich ästhetisch nach seinem Empfinden, durch sein eigenes schöpferisches Denken und Handeln auszudrücken und dem einfachen Konsumieren zu entweichen.
In meinem Berufsalltag, in der Interdisziplinären Frühförderung, gibt es für mich nichts Schöneres, als dass sich die mir anvertrauten Menschen entfalten, über sich und ihre bisherigen Grenzen hinaus wachsen und dadurch lernen neue Wege zu beschreiten. Es ist für mich unglaublich wertvoll, wenn Menschen Aha-Erlebnisse durch ihr eigenes Handeln erlangen, sich dadurch für sie andere Einsichten eröffnen und sie gestärkt aus den heilpädagogischen Frühfördereinheiten gehen.
Für diese Erlebnisse bin ich insbesondere den Kindern dankbar, die mir bisher in meiner Berufslaufbahn begegneten und mich mit Erfahrungen beschenkten“ **
Quellen:
*Diese Beschreibung wurde aus der Website des Berufs- und Fachverbandes Heilpädagogik – bhp e.V.Stand 29.03.2018 entnommen.
**Zell, 2015, S. 4, unveröffentlichte Hausarbeit
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